Última modificación: 2019-08-18
Resumen
Dieter Roth (1930-1998), ein postmoderner deutsch-schweizerischer Künstler, zerkleinert 1974 eine Suhrkamp-Taschenbuchausgabe der Hegelwerke, vermischt sie mit Gewürzen und Schweineschmalz, füllt sie in Wurstdärme und präsentiert sie in einem Holzregal. Dieses Kunstwerk, das den Schlusspunkt seiner Serie „Literaturwurst“ darstellt, befindet sich heute in der Staatsgalerie Stuttgart, die es 1981, im 150. Todesjahr Hegels, erwirbt und seitdem in dessen Geburtsstadt ausstellt. Die provokative, ironische Installation lädt zu zahlreichen Reflexionen ein: Der Frage nach der Dichotomie von Form und Inhalt, Destruktion und Kreation, Struktur und Chaos. In einer intertextuellen Lektüre soll Roths „Literaturwurst“ in Dialog gebracht werden mit Hegels Auffassung des Endes der schönen Kunst, im Sinne einer harmonischen Einheit und sinnlichen Erscheinung von Idee. Roth nimmt eine postmoderne „Lektüre“, oder treffender eine postmoderne „Verarbeitung“ der Werke Hegels vor: Es entsteht ein Kunstwerk, das anti-logozentrisch argumentiert, Gattungsgrenzen überschreitet, den Text als Prozess thematisiert und vielleicht sogar auf eine Apologie der Stille anspielt, durch die Zerstörung der ursprünglichen Materialität der Texte und deren anschließender Neuerschaffung in einer anderen Form.